Der Kritiker – unser bewertender Anteil

Kritischer Geist, Mahner, Besserwisser oder kondtruktiver Helfer


Funktion, Rolle und Ambivalenz

Verhalten des inneren Kritikers: Daumen rauf, Daumen runter

Der Kritiker, dieser wichtige Persönlichkeitsanteil, bewertet unser Verhalten, Entscheidungen und Ergebnisse, aber auch unser Äußeres und unsere Wirkung auf andere. Seine Rolle ist die des Aufpassers, desjenigen, der über allem steht und alles beurteilt. Als Über-Ich kann er unseren Selbstwert steigern oder Schwächen. Als Besserwisser kann er sich im inneren Team aufspielen und mit anderen Anteilen streiten. Seine Kernaufgabe ist aber, uns vor Gefahren zu warnen, kritisch konstruktive Hinweise zu geben und Argumente zu liefern. In dieser Rolle ist er für unser Zurechtkommen in der Welt von großer Bedeutung.

Analyst und Beobachter

Für unsere Selbstregulation und unsere ewusste Verhaltenssteueung brauchen wir eine Selbstbeobachtung aus verschiedenen Perspektiven und eine Analyse dessen, was beobachtet wird. Diese wichtige Funtion / Aufgabe wird dem "inneren Kritiker" zugeschrieben, der eine besondere Position im inneren Team übernimmt. Freud hat das Konzept des "Über-Ich"s beschrieben, dieser inneren Stimme, die uns ständig mittelt, was richtig oder falsch ist und was wir tun oder lassen sollen. Das deckt sich weitgehend mit dem Konstrukt des Kritikers


Worauf achtet der Kritiker?

Der Kritiker achtet auf die Einhaltung unserer Werte, Überzeugungen und Glaubenssätze, beurteilt unser Verhalten nach ethischen / moralischen Kriterien Er achtet auf die Einhaltung von Traditionen, Gewohnheiten und Prozeduren, die wir oft von den Eltern übernommen haben.


Der innere Kritiker

Der Kritiker herrrscht auch in unserem inneren Team. Dort kann er das innere Kind ermahnen: "dastut man nicht" den kreativen Anteil tadeln: "verrückte Ideen" die Selbstfürsorge pushen: "du bist zu bequem" und selbst der souveräne Erwachsene oder der Realist bleiben nicht verschont: "das schaffst du sowieso nicht" Die Aufgabe einer positiven, stärkenden und motivierenden Kritik überlässt er gerne anderen Anteilen.


Verhaltenskritik und Metaposition

Auch unser soziales und kommunikatives Verhalten, unsere Handlungen und Reaktionen hat der Kritiker stetes im Blick. Dafür schaut er sozusagen von außen /oben (Metaposition) oder aus der Position einer anderen Person ("... deine Mutter hätte das anders gemacht", ""...als Chef würde ich das nicht hinnehmen")
Dann klingt er wie ein Richter, wie eine übergeordnete Instanz, die gerne urteilt.

Auch unsere äußere Erscheinung, Kleidung und Wirkung auf andere überwacht er: "...wie siehst Du denn aus", "das steht Dir gar nicht", "so beeindruckst Du niemand". usw.


Wirkung der Kritik

Alter Ego, Gesicht mänlich-weiblich, Bild von Canca

Es kommt nicht nur auf das "was" der Kritik an, sondern vor allem auch auf das "wie". Der Kritiker hat eine starke Wirkung auf unser Selbstwertgefühl, kann mit destruktiven Äußerungen uns kleiner und schwächer machen, Zweifel säen und verunsichern und im schlimmsten Fall unserer Würde und Selbstliebe schaden. Das geschieht natürlich immer im Zusammenspiel mit anderen Persönlichkeitsanteilen und wenn sich andere Anteile gegen Übergriffigkeiten des Kritikers wehren oder wenn er alllgemein zu dominant erscheint, sind innere Konflikte vorprogrammiert.

Eines sollte man aber immer berücksichtigen: Wie jeder andere Anteil von uns, hat der Kritiker eine positive Absicht. Eigentlich will er uns fit machen, sartk, resilient, durchsetzungsfähig und erfolgreich. Und übrigens: Der Kritiker kann sich auch selbst kritisieren und verurteilen!


Typische Fallen

In Allianz mit Perfektionismus wird der Kritiker kleinlich und pedantisch: Nichts erscheint gut genug, Entscheidungen werden vertagt, Selbstabwertung nimmt zu. Das innere Team gerät aus der Balance – Vermeidung, Aufschub und Blockaden können folgen.


Der konstruktive Kritiker

Wünschenswert ist ein konstruktiv arbeitender Anteil. Sachlich, nüchtern logisch in der Analyse, abe ohne negative, schädliche Wirkung. Moderat und ruhig im Ton, klare Hinweise gebend und vor Fehlern und Gefahren warnend. Er darf auch negative Prognosen machen, und besorgt sein, immer auf der Basis der eigenen Erfahrungen. Denn das ist seine eigentlich e Bestimmung, sein positiver Beitrag zum System. Er muss nicht liebevoll freundlich oder motivierend sprechen (wie die Selbstliebe), sonder nur helfen und uns schützen.schützen.


Systemisches Coaching mit dem Inneren Kitiker

Im professionellen Coaching geht es darum, den destruktiven Kritiker in einen konstruktiven Kritiker zu transformieren, in einen Mentor, Ratgeber und Analytiker. So wird er zum wichtigen Helfer, zum Guide für unsere persönliche Entwicklung. Konstruktiver Kritiker - Blumen wachsen aus dem Kopf eines Mannes, Bild von Canca Der Kritiker nimmt oft eine dominante Position im inneren Team ein. Er gleicht dann dem von Freud eingehend beschriebenen "Über-Ich", das bestimmen möchte, was richtig oder falsch ist, was man soll, darf und kann. Um diesen Teil zum konstruktiven Teamplayer zu machen, sollte er auf Augenhöhe mit den anderen inneren Anteilen gebracht werden. Er sollte lernen, die Kompetenzen der anderen Anteile zu respektieren und zu verstehen, dass er als Beobachter, Analytiker und Ratgeber den besten Beitrag für das erfolgreiche Handeln des Gesamtsystems leisten kann. Bewährte Formate zur Entwicklung dieses Anteils sind das "Six-Step-Reframing" im NLP oder eine Art von innerer Konferenz oder Teamsitzung, an der alle für den jeweiligen Problemkontext bzw. den Sollzustand relevanten Persönlichkeitsanteile vertreten sind und so lange tagen, bis eine für alle stimmige, realistische, selbst erreichbare Lösung gefunden wird. Dazu gehört dann, dass die neue Position und der Aufgabenbereich des Kritikers überzeugend definiert werden. Dann kann der Kritiker seine andere Rolle nachhaltig erfolgreich weiterentwickeln.



Autor:  Reinhard Kotter  |  Verfasst am 15.07.2025